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Olympia 2022

Olympia 2022: Eileen Gu, die Amerikanerin, die für China Gold holen soll

PREMIUM SKI FREESTYLE EILEEN GU - Ailing Eileen Gu from China in action during the qualification run of the women's Freeski Slopestyle event at the Lausanne 2020 Winter Youth Olympic Games, in Le ...
Doppel-Gold in der Schweiz: Gu dominiert an den Jugendspielen 2020 in Lausanne.Bild: keystone

Eileen Gu – die Amerikanerin, die Chinas Olympia-Aushängeschild werden soll

Slopestyle, Halfpipe, Big Air – gleich in drei Disziplinen kann Freestyle-Skifahrerin Eileen Gu in Peking Olympiasiegerin werden. Wobei sie nicht als Eileen Gu antritt, sondern als Gu Ailing. Denn die gebürtige US-Amerikanerin geht für Gastgeber China an den Start.
04.02.2022, 18:4805.02.2022, 14:11
Ralf Meile
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Überaus viele Medaillenchancen besitzt China an den Olympischen Winterspielen 2022 nicht. Denn das Reich der Mitte ist (noch?) kein Reich der Wintersportlerinnen und -sportler, jedenfalls nicht auf höchster Ebene. 13 Medaillen sagen die Analysten von Gracenote für China voraus; von der Schweiz erwarten sie 21 Mal Edelmetall.

Mit die grössten Chancen, für den Olympia-Gastgeber eine oder gleich mehrere Medaillen zu gewinnen, gibt man Eileen Gu. Die Freestyle-Skifahrerin ist zwar erst 18-jährig, feierte in diesem Winter aber schon fünf Weltcupsiege. In der vergangenen Saison gewann sie sowohl an der WM wie auch an den X-Games zwei Mal Gold. Ob Halfpipe, Slopestyle oder Big Air: Ganz egal, wo Gu antritt, sie zählt zu den Topfavoritinnen.

PREMIUM SKI FREESTYLE EILEEN GU - China's Eileen Gu waves to the camera after competing in the women's halfpipe skiing qualifiers of the U.S. Grand Prix and World Cup on Friday, March 19, 20 ...
Insgesamt gewann Gu acht Mal im Weltcup.Bild: keystone

Aber Gu ist in China weit mehr als nur eine hoffnungsvolle Sportlerin. Sie ist auch ein Aushängeschild des Staates und von Staatspräsident Xi Jinping. Gewissermassen hat er die Sportlerin dem Rivalen USA ausgespannt.

«In den USA bin ich Amerikanerin, in China bin ich Chinesin»

Denn geboren und aufgewachsen ist Eileen Gu in Kalifornien. Die Tochter eines Amerikaners und einer Chinesin wurde amerikanische Meisterin und nahm für die USA an Junioren-Weltmeisterschaften teil.

Doch im Sommer 2019 entschied sie sich kurz vor ihrem 16. Geburtstag, unter anderer Flagge anzutreten. Ihr Traum: für die Heimat ihrer Mutter an den Heimspielen von Peking Olympiasiegerin zu werden. «Niemand kann leugnen, dass ich Amerikanerin bin, niemand kann leugnen, dass ich Chinesin bin», sagte Gu, die sich beiden Ländern zugehörig fühlt. «In den USA bin ich Amerikanerin, in China bin ich Chinesin.»

PREMIUM - CHINA UND WINTERSPORT - Gold medalist Ailing Eileen Gu from China in action during qualification run of the women's Freeski Halfpipe event at the Lausanne 2020 Winter Youth Olympic Game ...
Im November schaffte Gu im Big Air als erste Frau einen Double Cork 1440.Bild: keystone

Sie war schon Weltcupsiegerin unter US-Flagge, als sie 2019 in China mit anderen jungen Sportlern empfangen wurde und mit Staatspräsident Xi für Fotos posierte. Der politische Führer des Landes machte den Athleten Mut und forderte sie auf, bei den ersten Olympischen Winterspielen in China Ehre für ihr Mutterland zu erlangen. Gemäss dem «Economist» sprach Eileen Gu nie über dieses Treffen.

Wut und Hass nach Nationenwechsel

Der Nationenwechsel sorgte für Aufsehen. Gu wurde beschimpft, beleidigt und bekam gar Morddrohungen. «Meine Direktnachrichten wurden regelrecht überflutet», schilderte sie dem Magazin «Time». Dabei ist sie doch bloss ein Teenager, der im Schnee für Furore sorgen möchte. «Es ist schwer, sich durch Tausende von Unterstellungen und hasserfüllte Dinge durchzulesen, wenn man sich in einer so beeindruckenden Phase seines Lebens befindet.» Dass sie von der Familie, Freunden und auch ehemaligen US-Teamkollegen unterstützt wurde, half ihr bei der Bewältigung.

Der Sieger-Run von Gu zu WM-Gold 2021 im Slopestyle.Video: YouTube/FIS Freestyle Skiing

Doch wenige Wochen vor dem Beginn der Spiele eskalierten die Spannungen zwischen den USA und China. US-Präsident Joe Biden hatte im Dezember einen diplomatischen Boykott der Spiele angekündigt. Und so ist Ellen Gu eben nicht nur eine hoffnungsvolle Sportlerin, sondern auch ein Prestigeobjekt. Ihr Sieg ist noch mehr einer für China, als wenn eine andere Sportlerin triumphieren würde.

Schweizer Konkurrenz

Aber Gu ist nicht nur Sportlerin, sie hat auch schon als Model gearbeitet und das für berühmte Marken wie Louis Vuitton, Tiffani, Gucci oder die Schaffhauser Uhrenmarke IWC. Die Teenagerin war auch schon auf dem Cover von Zeitschriften wie Elle oder Vogue. 260'000 Follower hat sie aktuell auf Instagram, ohne Zweifel werden es nach den Spielen mehr sein oder im Falle mehrerer Goldmedaillen sehr viel mehr.

Zwei Schweizerinnen haben allerdings etwas dagegen, dass nach den Wettkämpfen die chinesische Nationalhymne ertönt. Sarah Höfflin und Mathile Gremaud gewannen vor vier Jahren in Pyeongchang Gold und Silber im Slopestyle. Nun gehören sie in dieser Disziplin ebenso wie im Big Air zu den Favoritinnen.

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Die besten Bilder der Olympischen Spiele 2022 in Peking
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quelle: keystone / wu hong
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24 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Yunnan
04.02.2022 19:26registriert Oktober 2019
Der Hass ist völlig daneben. Sie war einfach zu jung, um die politische Dimension wirklich zu sehen. Abgesehen davon gäbe es umgekehrt ja auch gute Gründe, aus politischen Gründen nicht für die USA zu starten.
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Leica
05.02.2022 09:24registriert Februar 2020
Dass Sport die Nationen verbindet, ist eine nette Idee, doch in der Realität werden die Siege von totalitären Staaten missbraucht, um ihre angebliche Überlegenheit und ihren Machtanspruch zu demonstrieren. Meine Utopie: Sportler treten nicht mehr als Vertreter einer Nation an, sondern einfach als Individuum.
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Salvatore_M
04.02.2022 21:44registriert Januar 2022
Wenn sie dann in Zukunft mal nicht mehr Ski fährt, wird sie sich entscheiden zwischen American way of life oder Chinese way of life. Erst dann wird sie wissen, für welche Nation ihr Herz wirklich schlägt.
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